Wir beobachten seit neun Monaten besorgt die politische Entwicklung in Deutschland, die Gefahr läuft, elementare politische Freiheiten außer Kraft zu setzen. Wir stellen zudem fest, dass die medialen Auseinandersetzungen in der Frage des israelisch-palästinensischen Konflikts mit zunehmender Aggressivität geführt werden.
Proteste und Stellungnahmen gegen die israelische Kriegsführung werden in Deutschland durch polizeiliche und administrative Maßnahmen unterdrückt. Von den Medien werden derlei grundgesetzwidrige Übergriffe fast vollständig übergangen oder die Protestierenden als Terrorsympathisanten diskreditiert.
Hier nur einige besonders auffallende Beispiele:
1- Seit Oktober 2023 wird nachweislich versucht, die palästinensischen Mitbürger/innen, die Solidaritätsbewegung und -gruppen in Deutschland einzuschüchtern. Verbote oder unmöglich zu erfüllende Auflagen werden erlassen, um die Durchführung von Solidaritätskundgebungen oder Palästina-Demonstrationen zu erschweren, beziehungsweise zum Schweigen zu bringen.
2- Im April 2024 wurde eine seit Wochen sorgfältig geplante Palästina-Konferenz in Berlin verboten. Kurz vor Beginn wurde bekannten Persönlichkeiten die Einreise verweigert, wie dem Arzt und Dekan der Universität Glasgow, Ghassan Suleiman Abu Sittah, dem Autor Salman Abu Sittah und dem ehemaligen griechischen Finanzminister Professor Dr. Yanis Varoufakis. Bald nach Beginn wurde der Saal mit starkem Polizeieinsatz und aggressiven Maßnahmen geschlossen. Viele Personen wurden verhaftet.
3- Laut Frankfurter Allgemeine vom 23.3.2024 wird Bundesinnenministerin Frau Faeser verfügen, … dass jeder der „Deutscher werden wolle, … sich zur deutschen Verantwortung gegenüber Israel bekennen“ müsse.
Das bedeutet einen Generalverdacht gegen integrationswillige Ausländer und die Erzwingung einer politischen Meinung – beides ist vom Grundgesetz nicht gedeckt. Dazu kommt, dass eine Person, die sich kritisch zur unbedingten Solidarität Deutschlands mit Israel äußert und für die berechtigten Interessen des palästinensischen Volkes eintritt, strafrechtlich verfolgt werden kann.
Wir stellen fest, dass die hier erwähnten Maßnahmen gegen den fünften Artikel des Grundgesetzes verstoßen, der die freie Meinungsäußerung fordert.
Die Bundesregierung ignoriert, was der internationale Gerichtshof, die UNO-Generalversammlung, der Weltsicherheitsrat und viele Staaten der Welt fordern, nämlich einen sofortigen Waffenstillstand und sofortige humanitäre Hilfe für Gaza.
4- Die Machthaber in Israel lehnen bis jetzt jeden Waffenstillstand ab, obwohl internationale und UN-Organisationen die Lage der Menschen dort als katastrophal bezeichnen.
Weltweit wird entsetzt die Haltung der israelischen Regierung wahrgenommen und verurteilt, die hemmungslos alle internationalen UN-Resolutionen und die Menschenrechte ignoriert. Wer es jedoch in Deutschland wagt, das menschenverachtende Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen klar zu benennen und zu verurteilen, riskiert eine Anklage wegen Antisemitismus, die letztlich nur das Ziel verfolgt, Kritiker – und das heißt hier: Verteidiger der universellen Menschenrechte – mundtot zu machen.
Daher fordern wir:
… in Bezug auf das staatliche Handeln in Deutschland:
- Alle restriktiven Maßnahmen gegen die Solidaritätsgruppen und vor allem gegen die palästinensische Gemeinde in Deutschland müssen eingestellt werden.
- Das Grundgesetz muss der gemeinsame Nenner sein für alle Menschen, die in Deutschland leben. Alle Versuche, die im Grundgesetz garantierten Rechte einzuschränken, müssen kritisch geprüft bzw. gestoppt werden – hier v.a. das Recht auf freie Meinungsäußerung, das für die politische Arbeit der Menschen in Deutschland elementar ist.
… in Bezug auf das Verhalten der Bundesregierung gegenüber Israel:
- Die Bundesregierung hat die Verantwortung, wirksamen Druck auf die israelische Regierung auszuüben, um diesen blutigen Krieg sofort zu beenden, dessen Opfer vor allem Zivilisten sind.
- Folglich hat die Bundesregierung ebenfallsdie Verantwortung, deutsche Waffenlieferungen nach Israel sofort zu stoppen.
- Sie sollte sich darüber hinaus für sofortige und umfassende humanitäre Hilfe für den Gaza-Streifen
- Die Friedensverantwortung der Bundesrepublik verlangt, den Staat Palästina auf der Basis der international anerkannten Grenze von 1967 anzuerkennen und damit dem Beispiel von fünf europäischenStaaten zu folgen. Eine Zwei-Staaten-Lösung zu fordern, aber nur einen dieser Staaten anzuerkennen, ist widersinnig.