Folter in israelischen Gefängnissen

Die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem hat einen Bericht über Folterungen in israelischen Gefängnissen herausgegeben mit dem Titel „Willkommen in der Hölle“. pax christi hat diesen Bericht zur Grundlage genommen, um Forderungen an die deutsche Bundesregierung zu stellen. Hier ist der pax christi Bericht.

„Willkommen in der Hölle“

26. Aug 2024

Einsatz für palästinensische Gefangene

Zum Bericht „Willkommen in der Hölle“ der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem über Folter und extralegale Gefangennahme von Palästinenserinnen und Palästinensern in Israelischen Gefängnissen und Gefangenenlagern.

Die Nahostkommission von pax christi fordert eine sofortige Beendigung von Folter in israelischen Gefängnissen und Gefangenenlagern, die Freilassung aller unrechtmäßig Gefangenen, rechtsstaatliche Verfahren für Straftäter und die Durchsetzung der unveräußerlichen Menschenrechte gegenüber den Palästinenser:innen in Gaza, Westjordanland, Ost-Jerusalem und Israel. „Wir fordern von der Bundesregierung gegenüber der israelischen Regierung Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschenrechte für palästinensische Gefangene einzufordern“, so Wiltrud Rösch-Metzler, Sprecherin der pax christi-Nahostkommission. „Wir begrüßen den Einsatz des Weltkirchenrates, der sich für die Freilassung von Layan Nasir, einer 24 Jahre alten palästinensischen anglikanischen Studentin und aller anderen unrechtmäßig in Haft befindlichen Palästinenser:innen einsetzt.“ Layan Nasir wird seit April 2024 von den israelischen Behörden ohne formelle Anklage in Administrativhaft festgehalten und darf von ihren Eltern nicht besucht werden. 

„Willkommen in der Hölle“ betitelt die angesehene israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem ihren Bericht zum israelischen Gefängnis- und Gefangenenlagersystem vom August 2024. Darin wird der Nachweis geführt, dass in den Anstalten systematische Folter an den palästinensischen Gefangenen erfolgt. Am 18. Oktober 2023 hatte der zuständige Minister im Rahmen der Notstandsgesetzgebung den „Gefängnisnotstand“ ausgerufen, was eine schwerwiegende, substanzielle Verletzung der elementarsten Menschenrechte der palästinensischen Gefangenen zur Folge hatte. 

Unter den männlichen und weiblichen Gefangenen sind Ärzte, Rechtsanwälte, Studenten, Minderjährige und politisch Aktive. Manche sind schlicht eingesperrt, weil sie Sympathie für die leidenden Menschen in Gaza bekundet haben. Nach Aussage von B’Tselem waren bis Anfang Juli 2024 insgesamt 9.623 Menschen inhaftiert. 4.781 ohne Anklage und ohne Prozess, ohne Zugang zu Rechtsbeistand. Tausende mehr werden auf Zeit festgenommen, misshandelt und ohne Begründung oder Beschuldigung wieder frei gelassen.

Bereits auf dem Weg in die Haftanstalten beginnt die Tortur: verbundene Augen, Fesselung mit eng gezurrten Kabelbindern, entkleidet, zum Verharren in körperlich schmerzhafter Haltung gezwungen. Nach Aussage von B’Tselem sind bereits mindestens 60 palästinensische Gefangene in der Haft ums Leben gekommen, nach Auskunft auch der israelischen Menschenrechtsorganisation HaMoked zum Teil nachweislich in der Folge von Folter. So z.B. der 26jährige Omar Abdul Aziz Junaid am 17.6.2024, nachdem er am 24.12.2023 in Jabaliya im Gazastreifen festgenommen worden war. 

Hintergrundinformation 

Hier finden Sie den B’Tselem Bericht „Willkommen in der Hölle“ (englisch)

https://www.btselem.org/publications/202408_welcome_to_hell

B’Tselem sammelte von 55 frei gelassenen Gefangenen deren Aussagen zu ihren Hafterfahrungen. Bei den Interviewten handelt es sich sowohl um Bewohner:innen der Westbank, von Ost-Jerusalem, von Gaza als auch um Palästinenser:innen mit israelischer Staatsangehörigkeit. Die Zeugnisse decken ein systematisches, institutionalisiertes System von Folter und Missbrauch auf, welchem durchgängig alle Gefangenen ausgesetzt sind. Schwere willkürliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Demütigung und Erniedrigung, Hunger, erzwungene unhygienische Bedingungen, Schlafentzug, erzwungenes stundenlanges Verharren unter harten körperlichen Bedingungen, Verbot und Bestrafung bei Ausübung des Glaubens, Konfiszierung von allen gemeinschaftlichen und privaten Gegenständen und Verweigerung adäquater medizinischer Versorgung, werden von den Interviewten berichtet. Weiter wird berichtet, dass scharfe Hunde auf Gefangene gehetzt werden. Gliedmaßen werden gebrochen. 

Die grausame Behandlung der Gefangenen ist Ausdruck der fortlaufenden Entmenschlichung des palästinensischen Volkes, welche bereits weit vor dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7.10.2023 begonnen hat und jetzt umfassend erfolgt. 

Die UN-Antifolterkonvention (CAT) bezeichnet Folter in Artikel 1 als „jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, z.B. um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächliche oder mutmaßliche von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen amtlichen Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigenden Einverständnis verursacht werden“. 

Der Staat Israel hat die UN-Antifolterkonvention unterschrieben und ratifiziert. Er hat das Verbot der Folter aber nie in die nationale Gesetzgebung aufgenommen. Unter dem Eindruck des Angriffs vom 7.10.2023 hat der Oberste Gerichtshof nach Aussage von B’Tselem im Gegenteil grünes Licht gegeben für eine Verweigerung der elementaren Grundrechte für alle Palästinenser:innen.